Gerd Ruge und Matthias Beermann in der Mayerschen in Düsseldorf.
Man darf es ja nicht all zu laut sagen, aber ich mag Düsseldorf und da ich keine gebürtige Kölnerin bin, darf ich das. Geboren wurde ich in Bad Godesberg und da hatte ich als Kind mal eine flüchtige Begegnung mit Gerd Ruge.
In einer Anlage, hatten seine Tochter Lieschen und ich, einen jungen Vogel, der aus dem Nest gefallen ist, gefunden und Lieschen nahm ihn zu sich. Um diese Vogelrettungsaktion herum, wurde ich zu ihrem Geburtstag eingeladen. Mama hatte mich fein gemacht. Fein, bedeutete Kurzhaarschnitt und das ich ein Kleid anziehen musste. So gestylt, das ich mich selbst nicht mehr kannte, stand ich dann sehr wahrscheinlich mit gekreuzten Beinen auf der Party und verfolgte das Partygeschehen, bei dem Gerd Ruge auch anwesend war, vom Rand aus. Ein netter älterer Mann, den ich fälschlicherweise für seinen Vater hielt, nahm sich meiner an. Das alles ist über 40 Jahre her und wenn man so wie ich, in Bad Godesberg aufgewachsen ist, dann war es nichts ungewöhnliches politischen Größen zu begegnen. In der nahegelegenen Redoute wurden oft Staatsgäste empfangen und es konnte passieren, das einem z.B. Hans Dietrich Genscher mit Gefolge, in der Fußgängerzone, über den Weg lief.
Diese Begegnung, auch mit ihrem Vater, war aber nicht der Grund, warum ich letzte Woche zu Gerd Ruges Gespräch, das er mit Matthias Beermann,( Ressortchef Außenpolitik) der Rheinischen Post geführt hat, in die Mayerschen, nach Düsseldorf gefahren bin. Ich habe nicht alles verstanden, Gerd Ruge ist an sich kein Mann, der sich gerne in den Mittelpunkt stellt und deshalb wollte er sich auch nicht , auf die Frage eines Zuschauers , ob er auch jemanden vor der Verfolgung gerettet hätte, so recht positionieren. Ich mochte vor allem seine Reportagen und wie ich in seinen Politischen Erinnerungen „Unterwegs“ lese, (das war mir durch meine spätere Geburt , nicht so bewusst,) ist er ein Pionier des deutschen Journalismus, vielleicht des Journalismus überhaupt. Ihm sind während seiner Tätigkeit,als Auslandskorrespondent und bei seiner Tätigkeit in Bonn, viele bedeutende Persönlichkeiten der Zeitgeschichte begegnet, er war ein Teil davon.
Er erzählt darin von seinen ersten Erfahrungen, u.a. in Moskau, Peking und Washington.
Die Sache mit der Pressefreiheit ist ein schwieriges Geschäft, denn auch die Presse ist abhängig z.B. von ihren Werbepartnern. Die Hand die einen füttert schlägt man nicht. Wie viel schwieriger und komplizierter, politische Berichterstattung insbesondere in der Nachkriegszeit war, erzählt Gerd Ruge in seinem Buch, „Unterwegs“, zu dem er sich von seiner Tochter überreden ließ.
Da wo ich es nicht direkt vermutet hätte, z.B. im Frankreich der 60er Jahre, wird die Presse nicht nur zensiert und man versucht sie zu manipulieren und inszenieren, für eigene Zwecke zu missbrauchen.
Die Wahrheit an sich, gibt es nicht. Viel einfacher, als sie zu ergründen, ist ein Blick auf die Pressefreiheit und die Einhaltung von Menschenrechte , bzw. deren Verletzungen. Sie sind neben der Deckung von essenziellen Bedürfnissen, ein Indikator für Freiheit.
Als ausländische Journalist, stand er in den oft diktatorischen Ländern, unter Bewachung . In Moskau war es für ihn fast unmöglich, mit den Moskauern ins Gespräch zu kommen. Auf einem Empfang, der italienischen Botschaft, frotzelte Chruschtschow die Journalisten an, sie verstünden nichts von Russland und seinen Menschen. Sie sollten mit den einfachen Menschen sprechen. „Die einfachen Menschen, wollen aber nicht mit uns sprechen“, antworteten die Journalisten, wenn ein Polizist vor unserer Türe steht. Daraufhin empfahl Chruschtschow den Journalisten aufs Land zu fahren, möglichst weit, wo die Menschen offen und gastfreundlich wären, am besten ins weite Sibirien. Diese, vielleicht in einer Wodka – Laune, daher gesagte Bemerkung, sollte ihm seine erste Sibirien Reise ermöglichen.
Mit einem unglaublichen Gespür für den richtigen Augenblick, für Menschen und Situation, hat Gerd Ruge versucht sie zu ergründen und sich den verschiedensten Strukturen von Macht und Weltanschauungen zu nähern. Und wenn man z.B. „Alles zu seiner Zeit“, von Gorbatschow gelesen hat, dann weiß man, dass diese Strukturen und Weltanschauungen ein höchst kompliziertes, fragiles Gebilde sind.
Gerd Ruge belässt es nicht dabei, er wird einer der Mitbegründer von Amnesty International. Ihn haben in seinen Reportagen, nicht nur die politische Ereignisse interessiert, sondern er hat sich auch für politisch Verfolgte eingesetzt. Am faszinierendsten dabei, fand ich seinen Blick für die einfachen Leute.
Mein Lieblingszitat aus Unterwegs ? „Das Leben besteht aus Fragen und Antworten und Fragen und Antworten, die zur nächsten Frage führen.
Es ist wohl mein Jahr der Zeitzeugen und Autobiografien und wie das mit Zeitzeugen so üblich ist, man will sie einfach nicht verpassen.
Hier findet ihr unter anderem seinen Bericht nach dem Kennedy Attentat. Unterwegs, ist im Hanserverlag erschienen.
Ohne Freiheit ist alles nichts.
Anmerk.:
Ich hatte mich auf der Lit. Cologne, für das Herbstspezial, schon um eine Karte für eine Veranstaltung mit Gerd Ruge bemüht, wie schon bei der Veranstaltung mit Gorbatschow, aber die Lit. Cologne antwortet nicht.
Es könnte sein, dass ihnen meine Orthografie nicht gefällt, aber da bin ich mir nicht sicher, denn wie ich von einem Journalisten erfuhr, der zu der Veranstaltung extra aus Frankfurt angereist war, haben sie ihm auch nicht geantwortet.
An dieser Stelle danke ich der Mayerschen Buchhandlung in Düsseldorf! Sie hat geantwortet!
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