Vom großen Kölner Kinopublikum fast unbemerkt, hat in unserer Kölner Nachbarschaft, ein junges Filmteam, einen Film a la Hitchcock auf die Beine gestellt, der nicht nur internationale Preise eingeheimst hat, sondern es auch in diesen Tagen in die deutschen Kinos geschafft hat.
Während man z.B. in Kanada und anderswo junge Talente zu fördern weiß und unterstützt, hat Tali für die Filmförderung das Mindestalter noch nicht erreicht und auch noch keinen Hochschulabschluss.
Mich hat der Film, auch hinsichtlich seiner technischen Finesse, von Anfang an beeindruckt und es hat mich interessiert, warum man hierzulande erst wahrgenommen wird, wenn man Patina ansetzt. Außerdem hatte ich persönlich, bei Deutschen Filmpreisen u. Ä, Veranstaltungen, das Gefühl, hier feiern sich die Etablierten selbst und teilen das Geld unter sich auf.
Ferner habe ich mal kurz über den Tellerrand geschaut und musste feststellen, dass es solche Bewertungskriterien, wie hierzulande, nicht überall gibt.
Siehe Quentin Tarentino
„Mit 15 Jahren brach Tarantino die High School ab und begann eine Schauspielausbildung.[1] Tarantino ist Legastheniker. Fünf Jahre später bekam er wegen seines umfassenden Filmdetailwissens einen Job in der Video Archives-Videothek in Manhattan Beach.[2] Er schrieb zusammen mit seinen Freunden Roger Avary und Jerry Martinez die Drehbücher My Best Friend’s Birthday (1987, die letzten beiden Akte des Films sind nach ihrer Fertigstellung im Schneideraum verbrannt) und The Open Road. Das zuletzt genannte wurde wegen seiner Länge (über 500 Seiten) jedoch von sämtlichen Studios abgelehnt und später in True Romance und Natural Born Killers aufgeteilt. Tarantinos Filmkarriere begann dann mit einer gezielten Lüge: Er behauptete, er habe eine Rolle in Godards Verfilmung von King Lear, „die ohnehin niemals jemand anschauen würde“ (Zitat Tarantino), gespielt.“
oder
Xavier Dolan
Es stimmt: allein die Zahlen sind beeindruckend. Der frankokanadische Filmemacher Xavier Dolan ist 25 Jahre alt. Das Drehbuch zu seinem ersten Film, Ich habe meine Mutter getötet, schrieb er mit 16. Er produzierte den Film, führte Regie und spielte die Hauptrolle. Mit 20, als der Film fertig war, wurde er damit nach Cannes eingeladen und gefeiert. Ein Jahr später, 2010, wurde er mit seinem zweiten Film,Herzensbrecher, wieder dorthin eingeladen und gefeiert. 2012: Das gleiche mit dem dritten Film,Laurence Anyways. 2013 stellte er seinen vierten Film, Sag nicht, wer du bist in Venedig vor. Mommywurde im Mai 2014 wieder rechtzeitig für Cannes fertig.“Quelle„
Ich könnte bestimmt noch unzählige Beispiele finden, die beweisen, das die Auswahlkriterien der Deutschen Filmförderung, der Todesstoß für das Schaffen dieser Regisseure gewesen wäre.
1. Herr Barde, ihr preisgekrönter Film, For no eyes only, läuft derzeit im Kino, wie war der Weg dorthin.
Also die Geschichte ist sehr, sehr lang, aber in der Kurzfassung lautet sie so: Wir haben 2011 angefangen den Film zu drehen – da waren wir noch eine schulische Film-AG und hatten wirklich keine Ahnung, was wir uns da vorgenommen hatten. Mehr als ein Jahr später, war dann der Film fertig und wir haben ihn bei einer großen feierlichen Premiere unseren Freunden und Familien im Kino gezeigt. Die Resonanz war so gut, dass wir den Film weiter bringen wollten, doch hierfür musste der erst mal etwas rechtlich „glatt-gebügelt“ werden. Das hat dann tatsächlich nochmal ein ganzes Jahr gedauert, vor allem weil wir für unsere Maßstäbe viel Geld dafür brauchten. Und dann haben wir angefangen im Sommer 2013 den Film zu Filmfestivals einzureichen. Auf dem LUCAS (Deutschlands ältestes Kinder- und Jugendfilmfest) haben wir dann unseren ersten Preis gewonnen gegen zum Teil Oscar-nominierte Konkurrenz. Das hat uns den erforderlichen Schub gebracht, sodass wir auf vielen weiteren Filmfestivals liefen und Preise mit nach Hause nehmen konnten. Schließlich wurden wir einem Verleih empfohlen, der hat sich den Film angeschaut und irgendwann saßen wir dann an einem Tisch und haben den Verleih-Vertrag aufgesetzt.
2. Womit hatten/haben sie zu kämpfen?
Naja, im Großen und Ganzen haben wir natürlich mit starker bzw. übermächtiger Konkurrenz zu kämpfen. In Zeiten wo die Madagaskar-Pinguine oder die Panel-Triologie im Kino anläuft, hat man da als kleiner Nachwuchsfilm so gut wie keine Chance – vor allem ohne Geld. Wir haben gelernt: Einen Film machen ist die eine Sache, aber dann die Leute dazu zu bringen sich den Film auch anzuschauen ist eine ganz andere und ebenso schwierige. Wir haben zudem ein Film, der weder so recht im Arthouse-Programm akzeptiert wird (weil er anscheinend nicht Arthouse genug ist und zu sehr unterhält – was für ein Blödsinn), noch gegen die großen Popcorn-Blockbuster anstinken kann. Hinzu kommt dann auch noch, das es ein deutscher Genrefilm ist. Beide Attribute sind leider ein Publikumskiller. Deutsche Filme haben eh schon ein schlechtes Standbein (mit Ausnahme der 0815-Komödien und den immer wieder kehrenden Gesellschaftsdramen) und Genrefilme erst recht. Weil die hierzu Lande kaum gefördert werden, weil es zu viele schlechte Beispiele in der Vergangenheit gab, weil der Irrglaube besteht, dass wir Deutschen das gar nicht können…was nicht stimmt!
3.Was ärgert sie ?
Eigentlich all das, was ich oben schon erläutert habe – aber das ist nun mal die Realität. Was mich aber wirklich stört, ist das man es hier so schwer hat gehört zu werden. Von der Presse, wie von den hiesigen Förderanstalten. Hier ist alles so verklemmt, so eingeschlafen, so vorsichtig – man läuft Konventionen hinterher und folgt dem System. Wenn da mal wer gegen den Strom schwimmt und was eigenes auf die Beine stellt, bekommt man fast das Gefühl, das man absichtlich unter den Teppich gekehrt wird, weil das irgendwie nicht ins Bild passt. Das mag wie eine Verschwörungstheorie klingen, ist aber einfach, wie es sich anfühlt. Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich zum Beispiel folgenden O-Ton zu hören bekommen von einer Dame, die eigentlich für das fördern von Nachwuchstalenten zuständig ist: „Sie sind für uns kein Nachwuchs Herr Barde! Werden Sie erstmal 27 oder studieren Sie irgendwas…“ – Da fehlen einem doch die Worte oder? Stellen Sie sich mal vor, das hätte man dem damals ebenfalls 23-Jährigen Orson Welles gesagt…dann hätte es wohl nie ein „Citizen Kane“ gegeben.
4. Was wünschen sie sich ?
Das sich was ändert hier in der deutschen Kino-, Film- und Fernsehlandschaft! Das fängt bei den Stoffen an, die gefördert und somit produziert werden, und geht weiter über die Branche an sich, in der man das Gefühl hat, dass sie eigentlich nur sich selbst versorgt. Ich wünsche mir mehr Mut, mehr Eier bei den Entscheidungsträgern, bei den Redakteuren, Intendanten und Produzenten. Man kommt nicht von der Stelle, wenn man nichts riskiert oder ausprobiert. Ich glaube da „draußen“ gibt es schon ein paar dieser Leute und manche von denen schlagen sogar schon so einen Weg ein…mal sehen wo der hinführt.
5. Was sind ihre nächsten Projekte ?
Unser neuer Kurzfilm (ein knappe halbe Stunde lang) wird demnächst Premiere auf einem Filmfestival feiern. Im besten Fall hat auch dieses Werk dann anschließend eine kleine Tournee vor sich. Aber ich schreibe momentan auch an 2 und seit kurzem sogar noch an einem dritten Stoff für neue Langfilme. Ich kann und will an dieser Stelle noch nicht allzuviel über den Inhalt verraten, aber soviel kann ich versprechen: Es werden keine 0815-Komödien o.ä.
Bei allen dreien versuche ich einen gewissen Zeitgeist einzufangen und ein Thema zu behandeln, wobei jedoch die Geschichte und somit die Unterhaltung im Vordergrund stehen soll – gepaart mit einem hohen filmkünstlerischen Anspruch. Eigentlich logisch oder? Mal sehen wie die Reise für uns weitergeht…
Wir bedanken uns für das Interview und freuen uns auf ihre nächsten Arbeiten!
Rezension in „der Freitag“